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2008

Mittwochs ist für Hanna Grosi-Tag. Grosi wohnt in der Nähe, holt Hanna vormittags ab und bringt sie gegen Abend wieder zurück. Mattias und ich basteln oder lesen am Vormittag. Nach einem Mittagessen unter vier Augen gehen wir baden. In einem Altersheim in der Stadt ist das Hallenbad (37 °C) zweimal pro Woche für die Öffentlichkeit zugänglich. Das warme Wasser tut Mattias gut. Ich geniesse die Nähe und die Zeit mit ihm alleine sehr. Er mit mir auch, glaube ich!

Im März / April besucht uns meine Mutter für einen Monat. Die schwedische Sprache wird intensiv geübt. Wir fahren ein paar Tage ins Tessin und geniessen die ersten Frühlingstage.
Meine Mutter entlastet mich sehr, wenn sie bei uns zu Besuch ist. Sie spielt und bastelt mit den Kindern, liest ihnen aus Büchern vor, geht mit ihnen in den Garten oder verbringt viele Stunden auf dem Spielplatz.

Seit der Diagnose vor knapp einem Jahr wird Mattias alle 3 Monate zur Untersuchung in das Kinderspital, Abteilung Neuropädiatrie, bestellt. Dort wird er von seiner Ärztin untersucht, sie kontrolliert die Beweglichkeit des Körpers. Seine Physiotherapeutin ist auch dabei. Zu ihr geht er etwa alle 2 Wochen in die Therapie. Manchmal wird auch Urin und Blut kontrolliert. Der kleine Stich in die Fingerkuppe macht Mattias nichts aus. Einmal pro Jahr werden Herz und Augen kontrolliert. Auch diese Untersuchungen lässt er ohne Jammern über sich ergehen. Seine Tapferkeit ist beeindruckend. Meistens fahren wir nachher in ein Spielwarengeschäft und er darf sich etwas Kleines aussuchen.

Mattias wird zu gross für den Kinderbuggy. Im Mai beantragen wir bei der Invalidenversicherung (IV) einen passenden Kinderwagen und erhalten ein paar Wochen später einen Rehakinderwagen. Dieser ist grösser und stabiler und er sieht nicht wie ein „Babywagen“ aus – welches fast 4-jährige Kind will denn noch in einem Kinderbuggy sitzen?

Unsere Familienferien verbringen wir anfangs Juni am Meer in Südfrankreich. Wir haben für 2 Wochen ein Mobilhome, d.h. einen grösseren Wohnwagen, gemietet. Die Kinder lieben den Sand und das Meer. Das Wetter ist toll mit viel Sonne.Es ist sehr warm! Die Wärme tut Mattias gut und er zeigt eine Ausdauer am Strand, die wir nicht für möglich gehalten hätten! Es geht ihm sehr gut und wir verbringen eine glückliche Zeit.

Mitte Juli fahre ich zusammen mit den Kindern und meiner Schwester, die uns die Woche zuvor besucht hat, zu den Grosseltern nach Boras in Schweden (www.boras.se). Die 1'600 Km schaffen wir in knapp 2 Tagen mit einer Übernachtung in Puttgarden, Deutschland. Wir bleiben 3 Wochen. Die Kinder lieben es, bei "mormor" (Grossmutter) und "morfar" (Grossvater) zu sein! Wir treffen uns viel mit "moster" (Tante) Anna und "morbror" (Onkel) Per sowie seiner Freundin Viveka und ihrer Tochter Moa.
Das Wetter ist super schön, 30 °C und Sonne pur - ein schwedischer Sommer wie aus dem Bilderbuch!

Als Hanna und ich zurückfahren, bleibt Mattias alleine bei den Grosseltern für weitere 14 Tage. Es geht ihm gut, er geniesst es, die volle Aufmerksamkeit der Grosseltern zu bekommen. Zwischen seiner "mormor" und ihm besteht eine spezielle Beziehung seit er auf der Welt ist. Jetzt ist sie noch intensiver geworden. Zusammen fliegen Mattias und "mormor" in die Schweiz. Sie bleibt wiederum einen Monat bei uns.

Mattias’ 4. Geburtstag feiern wir mit Gotte und Götti und ein paar Verwandten. Dieses Mal wollte er keine Kinder einladen. Wir hatten vor, im Wald oder am Fluss zu bräteln, aber es regnet in Strömen. Abends gehen wir eine Pizza essen, was er sehr geniesst!

Mattias ist sehr reif und selbständig. Er geht ohne Probleme in die Physiotherapie - ich sitze während den Therapiestunden in der Caféteria. Die Spitalbesuche alle 3 Monate mit Untersuchungen lässt er ohne ein jammerndes Wort über sich ergehen. Augendruck messen, Blut mit einem Stich aus dem Finger entnehmen, alles macht er prima mit. Seine Sprachentwicklung ist nach wie vor verzögert, doch nach dem Sommer 2008 beherrscht er die schwedische Sprache sehr gut. Er fängt an, Schweizerdeutsch zu sprechen. Mit Dani klappt es gut, bei anderen Personen muss er zuerst Vertrauen aufbauen, erst dann traut er sich zu reden.

Im September fängt ein neues Spielgruppenjahr an. Hanna darf nun auch zusammen mit Mattias gehen. Wir sind nun entspannter bezüglich des Infektionsrisikos. Mattias hat sich gut gehalten und vor einem Jahr fühlten wir uns aufgrund der Aussage des Arztes sehr verunsichert.

Ich merke wie ich erschöpfter werde und fast nicht mehr mag. Die psychische Belastung und die Schlaflosigkeit bringen mich an den Rand eines Zusammenbruchs. Durch meine Psychologin lerne ich die Organisation pro infirmis kennen, die einen Entlastungsdienst anbietet. Diesen rufe ich an. Eine ganz liebe Frau, nennen wir sie „Frau F.“ kümmert sich ab dann jeden Montag Vormittag um die Kinder. Sie kommt gegen 8.15 Uhr zu uns nach Hause, wir sind meist noch am Frühstücken. Ich gehe anschliessend von zu Hause weg und komme erst wieder gegen Mittag zurück. Das tut gut! Viele Stunden verbringe ich im Fitnesszentrum und in der Sauna und kann so ganz gut abschalten. Die Kinder freuen sich immer auf den Montag, wenn Frau F. zu uns kommt.

Der Grosi-Tag wird weitergeführt, aber nun mit Kindestausch… Nun verbringt Mattias den Vormittag beim Grosi, isst zu Mittag bei ihr und kommt nachher zurück zu mir. Hanna und ich machen zusammen Muki-Turnen, was ihr ausgesprochen gut gefällt. Sie liebt es, sich zu bewegen und hat nun etwas mehr „Auslauf“!
Nachmittags geht Hanna zum Grosi und Mattias und ich gehen baden oder in die Bibliothek. Manchmal möchte er auch nur zu Hause sein und etwas basteln oder spielen. Er darf entscheiden was wir machen.

Im Oktober lernen wir durch die Heilpädagogische Früherziehung eine Heilpädagogin (www.frueherziehung.ch) kennen. Da ein Drittel der Duchenne-Jungs eine verminderte geistige Leistungsfähigkeit aufweist, lassen wir Mattias untersuchen. Manchmal braucht er lange, bis er etwas verstanden hat. Und doch habe ich das Gefühl, dass er ganz normal ist. Ich will es nun einfach genauer wissen. Bei ihm ist alles in Ordnung, er verfügt sogar über ein IQ über dem Durchschnitt. Wir sind erleichtert! Mattias besucht nun die Heilpädagogin, nennen wir sie „H“ einmal pro Woche. Er liebt es! Häufig fragt er, wann es wieder Donnerstag sei, er wolle zu ”H” gehen.

Mattias bekommt seine ersten Nachtschienen (Orthesen). Liegt er auf dem Rücken im Bett, drückt die Bettdecke seine Füsse flach, sodass sich mit der Zeit die Achillessehne verkürzt. Dadurch entwickeln Duchenne-Buben einen Spitzfuss. Hat sich der Spitzfuss erst einmal entwickelt, wird das Laufen schwieriger. Deswegen tragen die Buben nachtsSchienen , um die Füsse rechtwinklig zu den Beinen zu halten und damit die Entstehung des Spitzfusses zu verhindern.
Für die Orthesen gehen wir zur Firma Münger Orthopädie. Dort werden Mattias’ Beine von den Knien bis zu den Füssen mit Plastickfolie eingewickelt. Dann wird eine Gipsmasse darauf gelegt, damit Abdrucke der Beine entstehen. Ein paar Wochen später können wir die fertigen Schienen abholen. Nach zwei Anpassungen aufgrund von Druckstellen trägt sie Mattias  ohne Probleme. Nur wenn er nicht einschlafen kann – was selten ist – stören ihn die Schienen. Dann darf er ohne sie schlafen. Mattias versteht warum er die Schienen tragen muss.

Im Dezember fahren wir nach Basel, wo Mattias in einem Ganglabor untersucht wird. Die Ärzte haben uns das empfohlen. Hätten wir gewusst, was auf ihn zukommt, wären wir dagegen gewesen.
Er wird sehr gründlich untersucht, jeder Winkel der Beine und Hüften wird vermessen. Dann werden viele Kleber an seinen Beinen festgemacht. Mattias hasst Pflaster, vor allem wenn sie entfernt werden. An den Klebern werden kleine reflektierende Bälle, die auf einem Stäbchen sitzen, befestigt. Zu diesem Zeitpunkt weint Mattias bereits, er will nicht mehr. Es zieht an den Klebern, es tut ihm weh. Nun muss er aufstehen und an den Stäbchen werden Drähte mit Clips festgemacht. Die Drähte hängen gebündelt an einer Dose in einem Rucksack, den er tragen muss. Dieser ist richtig schwer. Er will gar nicht mehr. Und der richtige Untersuch seines Gangs hat noch nicht einmal angefangen! Selber bin ich den Tränen nahe und verzweifelt. Mit einer Videokamera soll er beim Gehen gefilmt werden. Ich muss mit ihm laufen, Zureden hilft nicht. Hin und Her, 10 Mal, 20 Mal? Ich weiss es nicht mehr. Dann ist es vorbei. Nun müssen die Drähte, Stäbchen und Kleber weg. Es schmerzt so zu sehen, wie es ihm weh tut! Ich schwöre mir, ihm nie wieder so etwas antun zu müssen.
Das Ergebnis? Viele Wochen später erhalten wir einen Bericht. Diesen muss ich ins Spital mitnehmen, wo ihn mir die Physiotherapeutin „übersetzt“. So viele Fachausdrücke! Nun ja, wir erfahren nichts wirklich Neues, wir wissen nun immerhin ganz genau, welche Muskeln schwächer resp. stärker sind.

Da Mattias nicht mit einem Dreirad fahren kann – er hat nicht genügend Kraft in den Beinen – empfiehlt uns die Physiotherapeutin ein Therapiedreirad. Nachdem dieses im Mai bei der IV beantragt wurde, ist es Ende Dezember soweit. Mattias kann sein neues Fortbewegungsmittel abholen. Zum Glück gibt es keinen Schnee und er kann am 24. Dezember lostrampen! Er geniesst es unheimlich, selber die Richtung vorgeben zu können und nicht im Wagen gestossen zu werden.

Zu Weihnachten sind wir zu Hause und feiern mit dem Schweizer Grosi. Ende Dezember fliegen die Kinder und ich dann nach Schweden. Während 2 Wochen geniessen wir viel Familie, ein bisschen Schnee und die Kälte, sogar Mattias. und wir dürfen sogar eine kleine Cousine begrüssen, denn mein Bruder wird an Silvester zum ersten Mal Vater.

 

 

 

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