Engelberg  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
  Rutschen  
  Spielplatz  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   


2009

Da es ziemlich viel Schnee gibt, können wir die Schlitten gebrauchen. In Engelberg auf der Klostermatte gibt es eine gute Abfahrt. Da weder Dani noch ich gut Ski fahren, lassen wir es mit den Brettern. Ob Mattias vielleicht Ski fahren lernen würde? Hat er genug Kraft in den Beinen?

Im Februar haben wir wieder Besuch, meine Mutter „mormor“ kommt. Sie lernt die Lozärner Fasnacht kennen und ist begeistert! Die Kinder mögen den Umzug und sammeln tonnenweise Konfetti, das wir nachher überall zu Hause wiederfinden…

Im April laufe ich mit Mattias‘ Götti Beat und den Kindern zum 3. Mal den Luzerner Stadtlauf. Letztes Jahr hatten wir die beiden Kinder noch im Zwillingskinderwagen. Dieses Jahr mag Hanna die 1,1 Km selber laufen. Für Mattias leihen wir einen Dreiradkinderwagen der Firma Gelbart aus. Die Kinder freuen sich riesig auf das Lunchpaket, das sie vom Veranstalter erhalten. Etwas Süsses, einen Apfel, ein paar Kekse, ein T-shirt und dann natürlich die Medaille!

Im Mai  besuchen wir alle vier zusammen zum ersten Mal den Loveride in Dübendorf. Ein toller Anlass! Super schönes Wetter, gute Stimmung, viel Unterhaltung – wir kommen wieder! Mattias und Dani fahren im Seitenwagen einer herrlich klingenden Moto-Guzzi mit. Die Ausfahrt dauert so lange, dass Mattias den Kopf mit dem Helm zum Schluss fast nicht mehr gerade halten.

Über Facebook haben wir eine Familie mit dem gleichen Schicksal kennengelernt, die ich besuche. Ich schätze diese Kontaktmöglichkeit sehr. So habe ich Familien in Australien, USA und Schweden kennengelernt.
Da die Buben der Elterngruppe Innerschweiz alle viel älter sind als Mattias und die Eltern das, was wir noch vor uns haben, bereits hinter sich haben, erkundige ich mich in den Gruppen Basel und Zürich nach Familien mit einem Kind in einem ähnlichen Alter. Eine Mutter der Basler Gruppe meldet sich. Ihr Sohn ist zwar doppelt so alt wie Mattias, aber wir verstehen uns sofort und seither haben wir einen guten Kontakt. Mit ihr kann ich über Sorgen reden und sie versteht mich voll und ganz. Sie weiss was man fühlt, wenn man seinem Kind auf dem Spielplatz helfen muss die Leiter zur Rutschbahn hoch zu steigen, während viel kleinere Kinder dies selbständig bewältigen. Das ist jedes Mal ein Stich ins Herz.

Mattias hilft mir gerne in der Küche. Er schält Gemüse, spült Geschirr ab und backt für’s Leben gerne! Er liebt, Mehl, Zucker und Eier zu einem Kuchen zu verrühren! Wenn er gross wird, will er Bäcker werden.
Ich spüre Verzweiflung und Traurigkeit, denn was wird er später tatsächlich machen können? Eine Computermaus oder einen Joystick bewegen, mehr nicht! Ich will nicht daran denken und werde mit ihm noch viele Kuchen backen und sein glückliches Gesicht beim Ablecken des Schwingbesens geniessen!

Im Mai darf Mattias zum ersten Mal reiten. Wir haben ihn für eine Hippotherapie angemeldet, obwohl die IV die Kostenübernahme abgelehnt hat. Nur bei einer cerebralen Lähmung wäre dies der Fall. Mattias’ Rücken- und Hüftmuskeln werden beim Reiten gestärkt und gedehnt. Er liebt es, auf „seinem“ Islandpferd „Kiarny“ zu reiten! Wir stellen ein Gesuch um eine Kostenübernahme bei einer Hilfsorganisation, die positiv ausfällt. Wir dürfen einen schönen finanziellen Zustupf in Empfang nehmen. Später im Sommer erhalten wir einen Anruf von einem Freund, der einen runden Geburtstag feiert. Er verzichtet auf Geschenke und Mattias soll davon profitieren. Wir erhalten einen weiteren grossen Beitrag an Mattias’ Reitstunden. Jetzt wird Mattias auch im 2010 die Hippotherapie fortsetzen können. Herzlichen Dank!

Die Familienferien verbringen wir am gleichen Ort in Südfrankreich wie letztes Jahr. Doch irgendwie ist es nicht so toll wie das erste Mal. Haben wir vielleicht zu hohe Erwartungen? Die Kinder spielen nicht mehr so ausgiebig im Sand, sie wollen lieber im Schwimmbad sein – und dafür sind wir ans Meer gefahren?!. Das Wetter ist zudem öfters bewölkt. Trotzdem haben wir ein paar schöne Ausflüge unternommen.

Die Kinder und ich verbringen einmal mehr drei schöne Wochen bei den Grosseltern in Schweden. Dieses Mal fliegen wir. Kloten ist ein grosser, weitläufiger Flughafen und da Mattias nicht so weit laufen kann, buche ich für ihn Rollstuhlassistance. Das klappt sehr gut. An einem vereinbartenTreffpunkt werden wir abgeholt und Mattias darf in einem Rollstuhl sitzen. Wir werden zu einem Bus gebracht. Dieser fährt zum Flugzeug hinaus, wo Mattias mit meiner Hilfe einsteigt. Nach dem Aussteigen kommt wieder jemand mit einem Rollstuhl und bringt Mattias und den Rest zum Ausgang, wo wir von unserer Familie abgeholt werden.
Da Mattias eigentlich laufen kann – einfach nicht so weit – habe ich ständig das Gefühl, uns rechtfertigen zu müssen, warum er denn einen Rollstuhl braucht. Man sieht ihm ja nicht an, das er an Muskelschwund leidet!

Mattias traut sich endlich auf einem Laufrad zu fahren! Hanna kann bereits mit 2 ½ Jahren damit fahren. Mattias wollte bisher nie auf dem Sattel sitzen, sondern lief mit dem Rad zwischen den Beinen - sehr mühsam und langsam… Er hat nun ein grosses Stück Freiheit erlangt, indem er sich mit dem Laufrad schnell fortbewegen und selber lenken kann.

Im August ist es soweit. Mattias fängt im Kindergarten an. Mir hat sein Eintritt bereits im Winter Bauchweh bereitet. Ich hatte sehr viele Ängste, was alles schief gehen könnte, oder eben gar nicht möglich wäre. Zusammen mit Mattias’ Heilpädagogin haben wir uns bereits im Frühling mit der Kindergärtnerin zu einem Gespräch getroffen. Vieles konnten wir dadurch klären und mit ein paar zusätzlichen Hilfsmitteln wird es klappen, das hoffen wir zumindest.
Mattias freut sich auf den ersten Tag! Dani und ich bringen ihn mit dem Kinderwagen hin. Es ist nicht weit, vielleicht 400 Meter. Die Kinder müssen über eine viel befahrene Strasse mit Ampel laufen. Diese ist aber nicht das Problem für Mattias, sondern die g a n z e Strecke zu laufen. Das schafft er nicht.

Es gefällt ihm gut im Kindergarten! Er geht gerne hin, nur das Aufstehen morgens um 7 Uhr fällt ihm schwer. Viel erzählen von seinen Erlebnissen im Kindergarten mag er nicht. Da ich ihn jeweils bringe und hole, erfahre ich von der Kindergärtnerin wie es ihm geht. Er macht sehr gut mit, fragt nach Hilfe wenn er sie braucht und versucht viel selber. Das tut gut zu hören! Seine Heilpädagogin besucht ihn nun im Kindergarten einmal pro Woche. Als Mattias sagt, dass ihm das Turnen sehr gut gefällt, staune ich…

Der Kindergarten befindet sich auf einem Schulgeländean einem Hang. Entweder muss man 10 Treppenabsätze nach unten oder 20 nach oben laufen.  Mattias schafft das. Doch sein Kinderwagen wiegt fast 15 Kilo und wird von 2 Mal pro Tag nach unten fahren resp. hochziehen bald kaputt gehen. Wir fragen deshalb bei der Schulleitung nach, ob es nicht möglich wäre, durch die Wiese einen Weg zu machen. Das wird bewilligt und inzwischen ist der Weg fertig. Das bedeutet eine grosse Erleichterung.

Wieder haben wir Besuch von „mormor“ aus Schweden. Der Spätsommer ist wunderschön, wir machen viele Ausflüge und geniessen auch die Zeit im Garten. Mattias liebt es, im Sandkasten zu spielen. Er kann stundelang baggern und graben bis er überall voll Sand ist.

An einem sonnigen Tag in den Herbstferien bekommt Mattias plötzlich Fieber, 39 °C. Er schläft am Nachmittag ein, hat Halsweh und seine Augen glänzen. Wir sind über seinen Appetit erstaunt, er isst ganz normal. Die Nacht wird etwas unruhig, er hat viel Schleim in der Brust. Am Morgen ist das Fieber gesunken. Tagsüber mache ich mit ihm Blasübungen. Da er nicht über genügend Kraft verfügt, den Schleim richtig abzuhusten, versucht er ihn „auszublasen“. Über den Tisch blasen wir einen Tischtennisball oder Papierfetzen hin und her,. Gegen Abend geht es ihm viel besser. Glück gehabt – nichts Ernsthaftes!

Die Ärzte empfehlen uns, Mattias gegen die saisonale Grippe zu impfen. Da er wegen der Kortisontherapie eine Immunschwäche hat, sollte er auch gegen die Schweinegrippe geimpft werden. Wir sind unsicher. Ein bisschen Zeit bleibt uns noch, da der Impfstoff in der Schweiz noch gar nicht erhältlich ist.

Zwischendurch sagt Mattias, er sei so müde. Dies passiert meistens, wenn ihm etwas nicht gelingt oder wenn er im Streit mit seiner Schwester wieder mal klein geben muss. Ich versuche, heraus zu finden, was es ist. Einmal sagt er, er mag nicht mehr und er sei böse. Böse auf was, frage ich ihn. Auf die Beine, die nicht machen, was er will, antwortet er.
Wie kann ich ihn trösten? Du hättest gerne andere Beine, sage ich ihm. Er wechselt das Thema und wir reden nicht mehr darüber. Anfang Jahr fragte er mich einmal ganz plötzlich beim Mittagessen, warum er schwache Beine habe. Wie lautet da die kindergerechte Antwort? Er fragte auch, ob seine Beine auch schwach sind, wenn er älter wird. Ja, Mattias sie werden auch dann schwach sein, sagte ich ihm.
Nie will ich lügen. Er sollte aber nur so viel erfahren, wie er gerade aufnehmen kann. Wenn er über seine Krankheit fragt, dann antworte ich ihm. Aber ansonsten versuchen wir, das Thema zu lassen, obwohl es ständig präsent ist.
Es gibt erfreulicherweise Momente, wo wir einfach glücklich sind mit Mattias und die Zeit mit ihm in vollen Zügen geniessen. Die Krankheit und sein Schicksal sind dann vergessen. Aber diese Momente sind selten.

In ein paar Jahren muss unser Heim rollstuhlgängig gemacht werden. Wir haben schon jetzt die ersten Abklärungen durchgeführt. Unser Haus ist zweistöckig, der Eingang liegt erhöht. Es ist überall eng, die Räume sind klein. Wir fragen uns, ob es nicht einfacher wäre, in einer Wohnung und nur auf einem Stock zu wohnen? Natürlich, das wäre sehr praktisch. Nur könnten wir uns von diesem Haus, diesem Quartier, der ganzen Stadt, extrem schwer trennen! Hier stimmt einfach alles für uns! Wir kennen viele liebe und hilfsbereite Leute in der Nachbarschaft, die Kinder haben Freunde in der gleichen Strasse. Kindergarten und Schule, Einkaufen, Arzt, Spital, See und Wald – alles ist in der Nähe. Das wollen und können wir nicht alles verlieren!

Ab und zu surfe ich im Internet über Duchenne. Ich besuche ein Forum für den Austausch mit anderen Eltern oder suche Erfahrungsberichte. Auf youtube.com sind viele v.a. amerikanische Videos zum Thema vorhanden. Dort habe ich zwei Schweizer Jungs gefunden, die über ihr Leben mit der Krankheit erzählen. Sie haben mich sehr beeindruckt und ich habe sie gleich angeschrieben, wie toll ich ihr Video fand und wie sie mir Mut mit ihrem Engagement gegeben haben. Nun sind wir zu ihnen ins Mathilde Escher Heim in Zürich eingeladen. Ich freue mich sehr, sie kennen zu lernen!

Diese Site ist nun seit knapp einem Monat online und wir haben sehr viele positive Rückmeldungen erhalten. Das freut uns sehr! Wir wollen versuchen monatlich ein Update zu machen. Hier folgt das Erste für November.

Dani und ich haben Lulzim und Raphael im Mathilde Escher Heim in Zürich besucht. Wir wurden mit einer grossen Herzlichkeit und Offenheit empfangen! Die sehr sympathischen Jungs hatten für uns super fein gekocht, wir durften ihre Wohngruppe sehen und ihre Betreuer kennen lernen. Im Gespräch haben wir viel über sie, Duchenne und ihr Leben im Heim erfahren. Und wir konnten viele Fragen stellen. Unweigerlich kommen Wut und Trauer auf und wieder die Frage warum. Zu unserem Erstaunen erfuhren wir von Lulzim und Raphael viel Lebensfreude, Unternehmungslust und Mut! Mit nach Hause genommen haben wir vor allem die Hoffnung, dass vieles möglich ist, wenn man es nur will und anpackt! Lieber Lulzim und Raphael, DANKE euch beiden von Herzen!

muskelkrank hat Mitte November einen Anlass in Bern zum Thema Duchenne durchgeführt, bei dem über den Forschungsstand informiert wurde. Auch hier, ein bisschen Hoffnung gibt es! Allerdings zweifle ich daran, dass die Therapie für Mattias rechtzeitig auf den Markt kommen wird. Jedes Jahr werden aber weitere Buben mit der Krankheit geboren und für sie wird es eine Therapie geben, hoffe ich!

Seit etwa 1 ½ Jahren kommt Grossonkel „B“ die Kinder etwa monatlich am Mittwoch Nachmittag besuchen. Vor allem Mattias freut sich sehr auf diese Besuche. „B“ schenkt Zeit. Viel Zeit. Wer sonst schaut sich während 2 Stunden eine Baustelle an? Oder macht 3 Anläufe um das naturhistorische Museum zu besuchen, kommt aber am Abend ohne Museumsbesuch zurück? Es gab unterwegs (sie spazieren immer) so viel Interessantes zu sehen, dass sie am Ende keine Zeit mehr hatten…

Mattias Buggy eignet sich gut für Asphaltstrassen. Auf Naturstrassen. v.a. wenn es aufwärts geht, hat man das Gefühl einen Elefanten zu stossen! Die Kinder spielen gerne im Wald und nicht weit weg von uns gibt es einen wunderschönen Wald mit teilweise steilen Wegen. Bei der Firma Gelbart, wo wir bereits den Buggy bezogen haben, kauften wir ein Dreirad-Jogger, ein Ausstellungsmodell zu einem reduzierten Preis. Im Wald erweist er sich als ein sehr guten Begleiter. Mit den grossen Rädern können wir über Stock und Stein fahren. Mattias liebt das Gerüttel. Aufwärts stossen ist (fast) ein Kinderspiel! Im Schnee wird er wahrscheinlich auch gute Dienste leisten.

Die Kindergärtnerin hat ein Standortgespräch mit Mattias und uns Eltern durchgeführt. Er musste sich mittels Selbstbeurteilung durch Bilder und Smileys sogar vorbereiten! Für alle ist es klar, dass Mattias ein zweites Jahr in den Kindergarten geht und er wünscht das auch selber. Er wäre „nach Plan“ im August 2010 eingeschult worden.
Das Schulhaus, wo Mattias die Primarstufe besuchen wird, ist nach 6 Jahren Totalsanierung und 26 Millionen CHF Kosten eingeweiht worden. Es heisst in den Pressemitteilungen, die Anlage sei auf die Anforderungen „der Schule mit Zukunft“ ausgerichtet. Rollstuhlfahrer sind dabei vergessen gegangen, habe ich etwas verärgert bei der Einweihungsfeier feststellen müssen. Ich habe mit dem Schulleiter Kontakt aufgenommen und liess mir die Räume und Wege der Primarschüler zeigen. Es wäre grundsätzlich möglich, dass Mattias’ Klasse im Erdgeschoss bleibt, erfuhr ich. Das wäre ja toll, denn das Schulhaus ist 2 oder 3-stöckig ohne Lift! Wo aber sind die Toiletten? Da müsste er in das Gebäude in dem sich die Aula befindet. Aha. Bei jedem Wetter müsste er angezogen werden (zu diesem Zeitpunkt ist die Krankheit vielleicht weiter fortgeschritten), in den Rollstuhl über das Gelände geschoben werden und auf die Toilette geholfen werden! Den Zeitaufwand möchte ich gar nicht wissen. Der sehr verständnisvolle Schulleiter überprüft nun die Möglichkeit, einen Treppenlift einzubauen, wobei die Toiletten nach wie vor nicht rollstuhlgängig sind…
P.S. Wir haben ein Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG), das seit Anfang 2004 in Kraft ist.

Weihnachten naht… die Kinder schauen sich die Spielzeugkataloge immer wieder an und erstellen Wunschlisten. Mattias wünscht sich einen Baukran, der mittels Fernsteuerung bedient wird. Und einen Lastwagen. Und einen Bagger. Und Lego. Und…
Hanna wünscht sich alles, was rosa ist, am liebsten soll es auch glitzern. Barbies, Ponys, Prinzessinenbettwäsche, Frisur- und Schminkkopf, usw. Wir werden ja sehen, was der „Tomte“ (schwedisch für Weihnachtsmann) bringt… Weihnachten feiern wir immer nach schwedischen Traditionen!

11.40 Uhr, ich stehe vor dem Kindergarten wie jeden Tag und warte auf Mattias. Da steht auch sein Buggy. Ohne ihn würde er den Weg zum Kindergarten nicht schaffen oder an Ausflügen teilnehmen können. Den Buggy da stehen zu sehen tut in diesem Moment sehr weh. Es wird 11.45 Uhr. Die Kinder stürmen heraus und machen sich auf den Weg nach Hause. Mattias ist – wie meistens – der Letzte, der aus dem Kindergarten kommt. Er braucht eben länger als die anderen Kinder um sich an zu ziehen. Er setzt sich in den Buggy und ich laufe nach Hause.

Ein bisschen Schnee gibt es doch noch vor Weihnachten! Die Kinder wollen dann immer draussen spielen. Mattias spielt Schneepflug und räumt die halbe Strasse vom Schnee frei. Mit seiner Schaufel vor sich läuft er hin und her. Keine Spur von Müdigkeit! Er ist glücklich. Ein schönes Bild.

Weihnachten verläuft ruhig. Die Kinder sind zwar sehr erwartungsvoll und der Tag wird laaaang. Als der Weihnachtsmann kommt, sind sie erleichtert und strahlen vor Freude. Eifrig helfen sie mit, die Geschenke aus dem „Tomte“-Sack zu heben. Wir versuchen bewusst, die Kindern nicht mit Paketen zu überhäufen. Dieses Jahr gab es „nur“ je zwei Geschenke von uns und eins vom Grosi.
Mattias ist sichtlich enttäuscht. Er hat doch so viele Wünsche an den Weihnachtsmann geschickt und bekommt nun so wenig Geschenke. Nur eins davon stand auf seiner Wunschliste! Das andere ist seiner Meinung nach „falsch“.
Irgendwie hat die Weihnachtsstimmung dieses Jahr gefehlt und ich merke auch, wie sehr mir meine Familie während dieser Zeit fehlt.

Können schwache Beine gesund werden, Mama? fragt mich Mattias eines Abends, als er nicht einschlafen kann. Nein, schwache Beine können nicht gesund werden, antworte ich. Aber Forscher sind daran, ein Medikament zu entwickeln, erzähle ich ihm. Schmeckt es denn „gruusig“, fragt er? Wie kommt es zu schwachen Beinen, Mama? will er weiter wissen. Wie erkläre ich ihm Chromosomen und Gene? Mattias möchte nämlich alles sehr, sehr genau wissen. Erkläre mir das jetzt, Mama! kann er aufdringlich darauf bestehen, wenn ich manchmal müde oder nicht wirklich in Stimmung bin, komplizierte Sachen zu erklären (ich glaube, ich schreibe demnächst ein Kinderbuch über Duchenne...). Wir reden noch eine Weile über schwache Beine (für sein Verständnis hat er schwache Beine). Dass auch seine Arme, die Hände, der Rücken, einfach ALLES betroffen ist, weiss er noch nicht – und vielleicht merkt er es auch nicht, oder doch? Er merkt ja bisher vor allem, dass er beim Laufen, Springen, Klettern und Aufstehen schwach ist. Gibt es Hunde mit schwachen Beinen, fragt Mattias weiter? Was macht man mit den Hunden? Ich glaube, man steckt sie in einer Tasche und trägt sie, gibt er sich selber die Antwort!
Statt im Schnee zu schlitteln oder zu spielen - es gibt ja keinen, ab Weihnachten ist es warm und grün - machen wir einmal einen Ausflug ins Wauwilermoos und ein anderes Mal spazieren wir entlang der Reuss. Wir nehmen jeweils ein Picknick mit und geniessen alle die frische Luft und die wärmende Sonne. Mattias wollte zuerst gar nicht mit seinem Dreiradfahrrad fahren. Als er schliesslich darauf unterwegs ist, geniesst er es sehr und will gar nicht mehr aufhören im Dreck herum zu fahren. Am Schluss sind wir alle so dreckig, dass wir die oberste Kleiderschicht ausziehen müssen, bevor wir ins Auto steigen. Zu Hause werfe ich die Kleider in die Waschmaschine und die Kinder in die Badewanne.

Am letzten Tag des Jahres gibt es eine Premiere für die Kinder! Wir gehen ins Kino. Der Film „Küss den Frosch“, eine Walt Disney Produktion ist ganz in Ordnung. Ich glaube, die Kinder haben die Popcorns und das Eis in der Pause weit mehr genossen. Da der Buggy in der Reparatur war, musste Mattias die Strecke von zu Hause bis zur Bushaltestelle (ca. 400 m) zu Fuss gehen, um ins Kino zu gelangen. Er schaffte es! Mir liefen fast die Tränen vor Stolz und Freude über diese Leistung. Das habe ich ihm auch gesagt und er gab mir ein wunderbares Lächeln zurück.
Gerne wären die Kinder wach geblieben und hätten das Silvester-Feuerwerk um 24 Uhr angeschaut. 3 Stunden vorher waren sie aber bereits im Land der Träume. Da das Feuerwerk wegen dem Wetter verschoben wurde, konnten sie es am folgenden Abend sehen, kinderfreundlich um 20 Uhr.

2009 war ein gutes Jahr. Mattias haben wir als stark und fit erlebt. Er hat einen riesigen Schritt gemacht vom Kleinkind zum Kindergartenbub. Sozial hat er sich sehr positiv entwickelt. Er geht nun mehr auf Leute zu, sucht den Kontakt zu anderen Kindern und hat ein Stück seiner Schüchternheit hinter sich gelassen. Sprachlich ging es auch vorwärts. Den schweizerdeutschen Dialekt versteht er prima, er spricht ihn auch immer besser und hat nun einen grossen Wortschatz. Er ist reifer, offener, kommunikativer und scheint fröhlich und glücklich. Wir freuen uns mit ihm und hoffen, dass 2010 auch so gut wird für ihn. Mattias, du bist ein Sonnenstrahl in unserem Leben – wir lieben dich ganz ganz fest!

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